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Auslaufende Marktordnung in der Stärkekartoffelproduktion: Situation, Folgen und Schlussfolgerungen für Landwirtschaft und Industrie

Durch das Auslaufen der europäischen Marktordnung für Stärkekartoffel mit Ende 2011 wird innerhalb der Branche ein Rückgang der Stärkekartoffelproduktion um 30 % erwartet – der Sektor wird somit massiv gefährdet. ...

Datum: 15.09.2011

Kartoffelstärke findet sich in zahlreichen Produkten des täglichen Bedarfs - so zum Beispiel in Brot- und Backwaren, Suppen und Saucen sowie in diversen Kartoffelgerichten. Weiters ist Kartoffelstärke ein wichtiger Bestandteil von Produkten der Papier- und Kartonerzeugenden Industrie sowie der Textil-, Pharma- oder Bauchemischen Industrie.

Durch das Auslaufen der europäischen Marktordnung für Stärkekartoffel mit Ende 2011 wird innerhalb der Branche ein Rückgang der Stärkekartoffelproduktion um 30 % erwartet – der Sektor wird somit massiv gefährdet. Die Europäische Vereinigung der Stärkekartoffelproduzenten (CESPU) fordert daher von der EU-Kommission Maßnahmen zur Absicherung der Branche.

Stärkeindustriekartoffeln werden in den meisten europäischen Ländern in benachteiligten Gebieten produziert, in denen aus klimatischen oder geologischen Gründen wenig pflanzenbauliche Alternativen bestehen. Die Stärkekartoffelproduktion ist für die Landwirte dieser Regionen somit ein wichtiger Teil ihres Einkommens und damit für viele Länder unverzichtbar. EU-weit werden auf knapp 200.000 ha Stärkekartoffeln angebaut. In manchen Ländern sind über 50% aller gepflanzten Kartoffeln Stärkekartoffeln.

Werner Hilse, Präsident der CESPU, appelliert an die Kommission, die Stärkekartoffelproduzenten entweder weiterhin finanziell zu unterstützen oder einen entsprechenden Entwurf zur Weiterführung der Marktordnung vorzulegen. „Die Mitbewerber aus Asien scharren mit dem Substitutionsprodukt Tapiokastärke bereits in den Startlöchern. Mit der Absicherung eines starken europäischen Stärkekartoffelmarktes würden somit auch Arbeitsplätze und regionale Wertschöpfung gesichert“.  

Produktionsmöglichkeiten für benachteiligte Gebiete absichern
In Österreich bauen etwa 1.500 Landwirte Stärkekartoffeln an, 10% davon produzieren biologisch. Jeder dritte in Österreich produzierte Erdapfel wird in Gmünd im Waldviertel zu Stärke verarbeitet. Mehr als die Hälfte wächst im Waldviertel. In diesem strukturschwachen Gebiet ist der Stärkekartoffelbau ein wichtiger Bestandteil der Landwirtschaft sowie der vor- und nachgelagerten Branchen.

„Derzeit werden Österreichs Stärkekartoffelproduzenten mit 4 Mio. Euro unterstützt. Das ist ein verschwindender Teil des Agrarbudgets. Ohne Unterstützung wäre aber die Wettbewerbsfähigkeit der Stärkekartoffelproduktion stark beeinträchtigt und in Österreich nicht mehr möglich“, zeigt VÖSK Obmann Alfred Sturm auf.  Sturm fordert daher auch im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) von 2014 – 2020 sektorspezifische Maßnahmen für Stärkekartoffeln. Der Entwurf von EU-Agrarkommissar Ciolos zur GAP nach 2013 sieht Möglichkeiten vor, auch in Zukunft besondere Maßnahmen für spezielle Produktionssparten festzulegen. Es gilt nun, diese Möglichkeiten zu nutzen und damit einen traditionellen Produktionszweig in Österreich abzusichern.

Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel
Fritz Gattermayer, Mitglied des Vorstandes der AGRANA Beteiligungs-AG, unterstützt dieses Begehren aus Sicht der Stärkeindustrie uneingeschränkt. Durch die Reduzierung der Wettbewerbsfähigkeit von Stärkekartoffeln im Vergleich zu Alternativkulturen bei Abschaffung der Marktordnung könnte mittelfristig das Aufkommen von Stärkekartoffeln zur vollständigen Auslastung der Kartoffelstärkefabrik in Gmünd nicht mehr gewährleistet sein. Es wurde in den letzten Jahren sehr viel in die Veredelung investiert, um hochspezialisierte Produkte zu erzeugen. Im Biobereich beispielsweise ist AGRANA derzeit Marktführer in Europa. Ob diese marktseitigen Maßnahmen ausreichen, um eine nachhaltige Kartoffelstärkeproduktion in Österreich sicherzustellen, bleibt jedoch angesichts der strukturellen Nachteile in Frage gestellt. Es ist daher auch aus Sicht der Industrie notwendig, dass die Stärkekartoffelbranche auch zukünftig eine Unterstützung erfährt. „Es wäre leichtfertig, die in den vergangenen Jahren aufgebauten und derzeit gut funktionierenden Strukturen aufs Spiel zu setzen“, so Gattermayer.

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Foto Download (Fotocredits: Robert Strasser)
v.l.n.r.: Fritz Gattermayer (Mitglied des Vorstandes der AGRANA Beteiligungs-AG, Alfred STURM (Obmann der Vereinigung österr. Stärkekartoffelproduzenten (VÖSK)), Werner HILSE (Präsident der europ. Stärkekartoffelvereinigung (CESPU)) und Ferdinand LEMBACHER (Pflanzenbaudirektor der NÖ Landwirtschaftskammer)